Philipp Max: „Jeder hat etwas Besonderes von mir erwartet“ (2024)

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Von: Ingo Durstewitz

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Philipp Max: „Jeder hat etwas Besonderes von mir erwartet“ (1)

Eintracht-Verteidiger Philipp Max über die Vergleiche mit seinem berühmten Papa und weshalb er bodenständig geblieben ist

Herr Max, Torwart Kevin Trapp sagte unlängst, das Trainingslager hier in Österreich sei das kürzeste seiner Karriere, fünf, sechs Tage nur. Da freut man sich doch als Spieler, oder?

Ich habe schon einige auf dem Buckel, schon seit meinem elften, zwölften Lebensjahr fahre ich regelmäßig ins Trainingslager. Als Profispieler hatte ich es in der Kürze wie jetzt auch noch nicht, das stimmt. Aber es ändert sich nicht viel, es sind zahlreiche Einheiten, der Fokus liegt auf den Details. Und der Ablauf ist eigentlich immer gleich: trainieren, essen, schlafen (lacht).

Ist so eine Kasernierung nicht nervig?

Nein. Ich freue mich sogar immer auf die Zeit. Es ist eine richtig gute Sache, weil es darum geht, über den Punkt drüber zu kommen und sich selbst ans Limit zu bringen. Schon mein Vater (Ex-Profi Martin Max; Anm. d. Red.) sagte mir immer: „Es sind zwar nur vier bis sechs Wochen, aber in dieser Zeit bildest du die Grundlagen für ein ganzes Jahr.“ Und: Ich finde es wichtig, in der Vorbereitung sehr viel Zeit mit den Teamkollegen zu verbringen.

Wichtig für den Teamspirit oder sportlich gesehen?

Beides. Für den neuen Trainer ist es wichtig, dass er seine Ideen einbringen kann. Und gerade die neuen Spieler nutzen die Tage, um jeden ein bisschen besser kennenzulernen. Für die Integration ist ein Trainingslager optimal. Man hat einfach mehr Zeit, sich zu unterhalten und sich näherzukommen.

Welchen Eindruck macht Coach Dino Toppmöller auf Sie? Auf uns wirkt er locker und umgänglich. Oder täuscht das?

Nein. Er ist umgänglich, und er hat natürlich seine eigenen Ansätze, die er umsetzen möchte.

Was denn zum Beispiel?

Hier bei der Eintracht ist ja jahrelang erfolgreich mit der Fünferkette gespielt worden. Dass er das nicht von heute auf morgen umwerfen kann, ist nachvollziehbar. Aber er versucht trotzdem, auch mal mit Viererkette zu spielen. Ihm ist wichtig, dass wir mehrere Systeme beherrschen. Gerade in der heutigen Zeit geht es darum, im Spiel mal schnell das System zu ändern. Er möchte, dass wir variabler werden. Und die Arbeit geht nicht nur in die Beine, es ist auch viel Kopfarbeit dabei, da geht es um Konzentration und den mentalen Anspruch. Wir haben sehr viel Input. Ich bin guter Dinge, dass das richtig gut wird.

Was ist anders unter dem neuen Trainer Dino Toppmöller?

Es geht um hohes Pressing. Bei seinen vorherigen Stationen, in Leipzig oder bei Bayern, hat man das ja nahezu in Perfektion gesehen. Da wurde mutiger und erfolgreicher Fußball gespielt. Wenn wir das auch reinbekommen, werden wir eine gute Saison spielen.

Kommen wir zur letzten Saison: Was denken Sie, was ist in der Rückrunde der abgelaufenen Saison schiefgelaufen?

Gerade in der Phase, als ich kam, war die Mannschaft in einer überragenden Verfassung. Ich erinnere mich noch an die ersten Spiele, da hatte ich den Eindruck, dass wir jeden Gegner schlagen können. Wir waren im totalen Flow.

Und dann?

Es kann schon sein, dass die Niederlage im Heimspiel in der Champions League gegen Neapel der Knackpunkt war. Ich denke, dass das etwas mit uns gemacht hat. Wir hatten uns viel ausgerechnet, wir hatten fest vor, Neapel zu schlagen und auch daran geglaubt.

Und dann war die Eintracht insgesamt gesehen so ziemlich chancenlos. Also ist das eine mentale Geschichte?

Ich denke schon. Der Kopf spielt eine Rolle. Wir haben zuvor phasenweise überragend und mit einer anderen Intensität und Konzentration gespielt, und dann in der Bundesliga plötzlich ein anderes Gesicht gezeigt. Trotzdem ist es ärgerlich. Auswärts haben wir verloren, allerdings auch gegen andere Kaliber. Und zu Hause hatten wir die lange Serie mit den Unentschieden, unter anderem gegen Bochum, Gladbach, Augsburg. Wenn wir von diesen vier, fünf Spielen nur zwei gewinnen, qualifizieren wir uns für die Europa League. Es ist insgesamt nicht so optimal gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben.

Also spielt sich Fußball oft im Kopf ab?

Meiner Meinung nach zu 80 Prozent, denn kicken können wir alle, das machen wir schon seit der Kindheit. Und dann geht es noch um Automatismen. Wenn du nicht viel überlegen musst, ob du in der richtigen Position bist oder nicht, dann hast du viel mehr Power, um in den Zweikampf zu gehen, weil du die mentale Kraft einfach aufgespart hast. Das war auch so, als ich nach Frankfurt kam. Da habe ich nicht viel nachgedacht, bin auf dem Platz marschiert – und es lief. Doch als wir die Negativserie hatten, fing ich an zu überlegen: „Vielleicht stehst du besser da oder da?“ Man merkt, dass man müde wird, und bekommt schwere Beine. Das ist ein Kreislauf.

Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?

Ich bin überglücklich, hier zu sein. Der Verein ist super, die Mannschaft, die Fans überragend. Es macht einfach viel Spaß, mit der Eintracht wieder in der Bundesliga zu spielen. Die Bundesliga habe ich über die Jahre hinweg vermisst. Ich bin total happy. Und ich finde, dass ich zeigen konnte, dass ich meine Qualitäten nach vorne habe. Leider hat sich das noch nicht so in Zahlen niedergeschlagen, wie ich mir das wünsche. Da war mehr drin.

Die Standards haben noch nicht geklappt wie gewünscht. Lag es nur an der Körpergröße der Zielspieler?

Union Berlin oder Freiburg haben überragende Kopfballspieler. Wenn der Ball bei ihnen landet, besteht häufig Torgefahr. Das war in Augsburg damals ähnlich. Aber wir haben jetzt auch ein paar groß gewachsene Spieler hinzubekommen. Es hat generell mit Positionierung, Timing und Bereitschaft zu tun. Wir können da bestimmt noch gefährlicher werden.

Zur Person

Philipp Max , 29, spielt seit einem halben Jahr für die Eintracht, die den Linksverteidiger für knapp zwei Millionen Euro aus seinem Vertrag bei PSV Eindhoven auslöste und ihn in Frankfurt mit einem Arbeitspapier bis 2026 ausstattete. Der frühere Augsburger hat sich schnell gut eingefunden, drehte in den ersten Spielen mächtig am Schwungrad, ehe er von einer Verletzung gestoppt wurde. In dieser Saison will der Sohn des früheren Bundesligatorschützenkönigs Martin Max voll durchstarten – und peilt eine Rückkehr in die Nationalmannschaft an. dur

Was ist drin in dieser Saison? Die Verantwortlichen haben hohe Ziele ausgegeben.

Das ist super. Hohe Ansprüche sind die Grundvoraussetzung, um das Beste rauszuholen. Was soll es bringen, wen wir sagen: Wir wollen 40 Punkte holen und in der Liga bleiben? Wir wollen das Maximum. Wir haben in der letzten Spielzeit in der Hinrunde gesehen, was möglich ist, wenn alles passt. Und in Phasen, in denen es schwieriger wird, muss man noch enger zusammenkommen, da muss man trotzdem auch mal enge Spiele in einer schwächeren Phase gewinnen. Das ist ganz wichtig. Wir haben eine richtig gute Truppe zusammen, einen guten Spirit. Wir verstehen uns, der Trainer macht es richtig gut. Ich bin total zuversichtlich, dass wir eine gute Saison spielen und die internationalen Plätze angreifen werden. Alles raushauen – Attacke.

Haben Sie die Nationalmannschaft noch im Kopf. Ist das ein großes Ziel?

Auf jeden Fall.

Auch im Hinblick auf die EM nächstes Jahr in Deutschland?

Ja. Die Bühne Bundesliga zu haben, ist sehr wichtig – auch dass wir international spielen. Es ist ein Riesentraum, bei einem großen Turnier dabei zu sein. Ich war zweimal kurz davor...

...wurden dann aber von Ex-Bundestrainer Joachim Löw doch nicht für die EM 2021 nominiert. Ein schwerer Schlag?

Ich war in den beiden Lehrgängen vor dem Turnier dabei. Da wünscht man sich schon, im Aufgebot zu sein und den großen Traum in Erfüllung gehen zu lassen. Dass ich dann nicht nominiert wurde, war schon eine Enttäuschung. Ich werde jetzt alles daran setzen, um auf mich aufmerksam zu machen und vielleicht auf den Zug aufzuspringen.

Das entspricht ja Ihrem Naturell. Sie sagten mal, Sie mussten sich immer alles erkämpfen, Sie seien immer der Underdog gewesen. Weshalb?

Ich habe damals in der U17 der Bayern gespielt, dann bin ich mit meiner gesamten Familie ins Ruhrgebiet gezogen, habe in der U19 bei Schalke 04 angefangen. Und hatte dort Mitspieler wie Julian Draxler, Max Meyer, Sead Kolasinac oder Kaan Ayhan. Das waren von Haus aus Riesentalente, da hat man schnell gesehen: Die sind einfach besser als andere. Bei mir war es so, dass ich mir alles erarbeiten musste. Ich bin von der U19 in die U23, habe zwei Jahre in der Regionalliga gespielt. Wir waren der Meinung, dass ich körperlich noch nicht so weit war. Und die zwei Jahre Männerfußball haben mir geholfen.

Also nicht die Karriere, in der ein Überflieger schon mit 17 zu den Profis kommt.

Nein, das war bei mir step by step. Ich bin dann in die zweite Liga nach Karlsruhe gewechselt, war erst auf der Bank, dann Stammspieler und zum Schluss wären wir fast aufgestiegen. In Augsburg hatte ich auch zunächst eine schwere Zeit, danach ging es aufwärts. So war es immer: Ich musste mich immer reinarbeiten.

Hilft Ihnen Ihr Werdegang, auf dem Boden zu bleiben ?

Ich finde es total wichtig, mit allen Menschen normal umzugehen. Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets, da herrscht die Arbeitermentalität. Und da geht man einfach mit jedem gleich um. Das liegt mir sehr am Herzen. So bin ich als Mensch, so bin ich erzogen worden.

Von Ihrem Vater Martin Max?

Ich bin sehr dankbar, dass ich mit ihm über die Jahre jemanden an der Seite hatte, der mir geholfen hat, der nie offensiv war, sondern mit einem Auge die Kontrolle darüber hatte, dass das alles in die richtigen Bahnen geht.

Hat er sie auf den Profifußball vorbereitet?

Nicht in dem Sinne, nein. Er hat mir nie Druck gemacht, sondern mir alle Freiheiten gegeben zu entscheiden, in welche Richtung ich will.

Wie war es mit einem berühmten Papa an der Seite? Cool oder eher eine Bürde?

Während meiner Jugendzeit habe ich es als Nachteil erachtet, weil jeder etwas Besonderes von mir erwartet hat, denn das ist ja der Sohn von Martin Max...

...dem Torschützenkönig...

...so ist es, und dann noch zweimal (lacht).

Also war das eher eine Bürde?

Sagen wir so: Ich bin froh, kein Stürmer geworden zu sein. Sonst wären da auch Vergleiche bemüht worden. Hinten links war das nicht so schlimm (lacht).

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